Steuerberater Bonn
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Aktuelle Einspruchshinweise Ihres Steuerberaters in Bonn

Regelmäßig informieren wir über anhängige Verfahren bei den Finanzgerichten und beim BFH, so dass Sie in vergleichbaren Fällen über bestende Einspruchsmöglichkeiten gegen den Steuerbescheid informiert sind.

§§ 3, 9 EStG - Ist die Kilometerpauschale bei Reisekosten hoch genug?

 

Im öffentlichen Dienst gibt es teilweise einen steuerfreien Kostenersatz von 0,35 EUR pro Kilometer gem. § 3 Nr. 13 EStG, während bei Arbeitnehmern in der freien Wirtschaft nach § 3 Nr. 16 EStG nur 0,30 EUR steuerfrei bleiben können. Der BFH hält dies für eine rechtlich mögliche typisierende Schätzung. Gegen diese Entscheidung ist Verfassungsbeschwerde eingelegt worden, sodass Einspruchsverfahren zu diesem Sachverhalt insoweit ruhen können. Die Verwaltung hält unverändert an ihrer bisherigen Ansicht in R 9.5 Abs. 1 Satz 5 LStR fest und sie bezieht Verfassungsbeschwerde nur auf Dienstreisen, nicht auf die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung-Arbeitsstätte.

 

FG Baden-Württemberg 22.10.10, 10 K 1768/10

BFH 15.3.11, VI B 145/10, BFH/NV 11, 983, beim BVerfG unter 2 BvR 1008/11; 15.4.10, VI R 20/08, BStBl II 10, 805

OFD Koblenz 10.10.11, S 2353 A - St 32 2

OFD Münster 27.7.11, Kurzinformation Einkommensteuer 20/2011

 

 

§ 4 EStG - Keine Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR?

 

Viele Steuerberater erstellen aufgrund der unklaren Gesetzeslage keine Anlage EÜR für Ihre Mandanten. Die Finanzämter sehen das nicht gerne. Nach Ansicht des FG Münster ist ein Unternehmer, der seinen Gewinn nicht durch Bilanzierung sondern durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, nicht verpflichtet, hierfür den amtlich vorgeschriebenen Vordruck "Anlage EÜR" zu verwenden. § 60 Abs. 4 EStDV stützt sich nämlich zur Abgabe der Anlage EÜR auf eine bloße Rechtsverordnung der Bundesregierung. Zum einen werde mit der Verpflichtung zur Abgabe einer Gewinnermittlung nach amtlichem Vordruckmuster das Besteuerungsverfahren nicht vereinfacht. Zum anderen führe der mit der Einführung der Anlage EÜR verfolgte Zweck einer Kontroll- und Plausibilitätsprüfung durch die Finanzverwaltung nicht zu einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung, sondern - im Gegenteil - zu Ungleichbehandlungen im Gesetzesvollzug. Denn für Unternehmer, die ihren Gewinn durch Bilanzierung ermitteln, stehe den Finanzbehörden derzeit kein der Anlage EÜR entsprechendes Plausibilitätsprüfunginstrument zur Verfügung. Betroffene Selbstständige können ihre Fälle offenhalten.

 

FG Münster 17.12.08, 6 K 2187/08, Revision unter X R 18/09

 

 

§ 4 EStG - Wertpapiere im Betriebsvermögen

 

In anhängigen Revisionen geht es um die Frage,

  • ob Wertpapiere bei Freiberuflern (Steuerberater, Rechtsanwalt, etc.) weder als notwendiges noch als gewillkürtes Betriebsvermögen gelten, wenn die Papiere mit betrieblichen Mitteln angeschafft werden und der Liquiditätsreserve oder Tilgung betrieblicher Schulden dienen (VIII R 1/08, VIII R 18/09) und

 

  • ab welcher Verlusthöhe eine Teilwert-AfA auf im Anlage- oder Umlaufvermögen gehaltene betriebliche Aktien und Aktienfonds zulässig ist (I R 98/10, I R 89/10).

 

Einsprüche ruhen, die Verwaltung gewährt hinsichtlich der Teilwert-AfA Aussetzung der Vollziehung. Entschieden hat der BFH, dass festverzinsliche Anleihen nicht zur Teilwert-AfA berechtigen und bei Freiberuflern eine Beteiligung Betriebsvermögen sein kann, wenn eine auf die Vergabe von Aufträgen gerichtete Geschäftsbeziehung besteht oder geschaffen wird.

 

BFH 8.6.11, I R 98/10; 26.1.11, VIII R 19/08

FG Münster 31.8.10, 9 K 3466/09 K, G, Revision unter I R 89/10

FG Rheinland-Pfalz 15.12.10, 1 K 2237/07

FG Baden-Württemberg 11.10.07, 5 K 231/04, EFG 08, 438, Revision unter VIII R 1/08

FG Köln 25.9.08, 15 K 1235/04, EFG 09, 94 Revision unter VIII R 18/09

Verwaltungsansicht: BMF 5.7.11, IV C 1 - S 1980-1/10/10011; 26.3.09, IV C 6 - S 2171-b/0, BStBl I 09, 514

OFD Koblenz 25.1.11, S 2171 b A-St 31 4

 

 

§§ 4, 9 EStG - Einstufung des häuslichen Arbeitszimmers

 

Der Dauerbrenner für Steuerberater: Die seit 2007 geltende Neuregelung beim häuslichen Arbeitszimmer ist verfassungswidrig, soweit die Aufwendungen steuerlich von der Berücksichtigung ausgeschlossen sind, wenn für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dies wurde rückwirkend ab 2007 über das Jahressteuergesetz 2010 umgesetzt. Weiterhin anhängig sind Fragen, ob

 

  • nach Aufgabe des Aufteilungsverbots bei gemischter Veranlassung auch bei privater Mitbenutzung eine anteilige oder pauschal hälftige Berücksichtigung der Raumkosten erfolgen kann (X R 32/11),

 

  • die Abzugsbeschränkung trotz einer etwaigen Vergleichbarkeit mit einer Freiberuflerpraxis gilt, wenn Arbeits- und Besprechungs- räume im Einfamilienhaus zur Abwicklung einzelner Projekte dienen (VIII R 8/11),

 

  • Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einer Richterin am Amtsgericht absetzbar sind oder ob die bisherige Rechtsprechung zum anderen Arbeitsplatz und zum Mittelpunkt der Betätigung aufgrund der Änderung über das JStG 2010 neu überdacht werden muss (VI R 13/11),

 

  • eine beabsichtigte Nutzung als Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit zum Abzug ausreicht oder es nach dem Prinzip der Abschnittsbesteue- rung nicht auf die künftigen Verhältnisse ankommt (VI R 47/10),

 

  • sich der berufliche Mittelpunkt bei Lehrtätigkeit in der Wohnung befindet (VIII R 5/09, VI R 71/10),

 

  • ein Schauspieler und Drehbuchautor den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit im heimischen Büro hat (VIII R 4/09),

 

  • ein außerhäusliches Arbeitszimmer vorliegt, wenn sich das außerhalb des Wohnbereichs im gleichen selbstgenutzten Haus befindet (VIII R 7/10, IX R 56/10),

 

  • das Arbeitszimmer den qualitativen Mittelpunkt der beruflichen Betätigung bei einer atypischen Außendiensttätigkeit darstellt (VIII R 8/10),

 

  • kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wenn das heimische Büro nach Feierabend und am Wochenende zur Vertiefung von Sprachkenntnissen genutzt wird (VI R 91/10) und

 

  • das Zimmer zum Einstudieren von Musikstücken unter die Abzugsbeschränkung fällt (VIII R 44/10).

 

Entschieden ist hingegen, dass Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen, nicht als häusliches Arbeitszimmer zählen und die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich unbeschränkt als Werbungskosten abziehbar sind. Ehepaare können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur entsprechend dem zivilrechtlichen Eigentumsverhältnis absetzen.

 

BVerfG 6.7.10, 2 BvL 13/09

BFH 26.1.10, VI B 115/09; 23.9.09, IV R 21/08; 25.8.09, VI B 69/09, BStBl II 09, 826; 26.3.09, VI R 15/07

FG Nürnberg 16.6.10, 3 K 1992/2007, Revision unter VIII R 8/11

FG Rheinland-Pfalz 12.11.09, 6 K 2314/07, Revision unter VI R 47/10

FG Köln 19.5.11, 10 K 4126/09, Revision unter X R 32/11; 13.10.10, 9 K 3882/09, Revision unter VIII R 44/10; 9.9.10, 10 K 944/06, Revision unter IX R 56/10; 10.12.08, 7 K 97/07, Revision unter VIII R 5/09

FG Rheinland-Pfalz 25.2.10, 6 K 2045/09, Revision unter VI R 71/10; 25.3.09, 2 K 1396/07, Revision unter VIII R 8/10; 17.2.09, 3 K 1132/07, EFG 09, 651, Revision unter VI R 13/09

FG Berlin-Brandenburg 19.12.07, 1 K 3467/03 B, Revision unter VIII R 4/09

FG Baden-Württemberg 15.5.09, 10 K 3583/08, EFG 10, 1114, Revision unter VIII R 7/10

FG Niedersachsen 8.2.11, 14 K 329/09, Revision unter VI R 13/11; 22.6.10, 12 K 482/08, Revision unter VI R 91/10

 

 

§§ 4, 9 EStG - Fragen zur doppelten Haushaltsführung

Auch dieses Thema beschäftigt den Steuerberater regelmäßig: Nach der Vorgabe des BVerfG ist der Kostenabzug für Zweitwohnung und Familienheimfahrten zeitlich unbegrenzt möglich. Dies gilt zwar nicht für die auf drei Monate beschränkten Verpflegungsmehraufwendungen, doch dies hält der BFH für verfassungsgemäß. Entschieden ist ebenfalls, dass die doppelte Haushaltsführung nach einer Unterbrechung am selben Ort neu beginnt und es die Verpflegungspauschale für weitere drei Monate gibt, die Küche kein notwendiges Ausstattungsmerkmal des eigenen Hausstands ist und bei Alleinstehenden keine finanzielle Beteiligung zwingend notwendig ist und Besuchsreisen des Ehegatten am Arbeitsort als sog. umgekehrte Familienheimfahrt bei privater Veranlassung nicht abzugsfähig sind. Offen ist noch, unter welchen Voraussetzungen von einem eigenen Hausstand auszugehen ist und wie sich die Anmietung einer entsprechend großen Wohnung wegen Familiennachzug auswirkt.

 

BFH 2.2.11, VI R 15/10; 8.7.10, VI R 15/09; VI R 15/09; 21.4.10, VI R 26/09; 28.10.09, VIII R 13/09

FG München 3.3.10, 9 K 3789/08, Revision unter VI R 87/10

FG Nürnberg, 21.7.10, 6 K 428/10, Revision unter VI R 2/11

 

 

§§ 4, 9 EStG - Erstmalige Berufsausbildung absetzbar?

 

Seit 2004 fallen Kosten für die erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium unter § 12 Nr. 5 EStG und zählen nur begrenzt als Sonderausgaben. Das gilt nicht, wenn einem Erststudium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Hierzu hat der BFH entschieden, dass § 12 Nr. 5 EStG bei erstmaliger Berufsausbildung oder Erststudium dem Abzug auch dann nicht entgegensteht, wenn sie unmittelbar im Anschluss an die Schulausbildung aufgenommen werden. Dabei begründet allein die Möglichkeit, dass der Beruf später auch im Ausland ausgeübt werden könnte, noch keinen Zusammenhang zu steuerfreien Auslandseinkünften.

 

BFH 28.7.11, IX R 5/11; VI R 38/10; VI R 7/10; 18.6.09, VI R 14/07, BStBl II 10, 816; VI R 31/07, BFH/NV 09, 1797; VI R 6/07, BFH/NV 09, 11796; VI R 49/07, BFH/NV 09, 1799

FG Berlin-Brandenburg 17.12.08, 8 K 6331/06 B, Revision unter VI R 22/09

FG Düsseldorf 10.11.09, 14 K 2361/06 F, Revision unter VI R 59/09; 3.12.08, 2 K 3575/07 F, EFG 09, 1201, Revision unter VI R 8/09

FG Baden-Württemberg 19.1.10, 11 K 4253/08, EFG 10, 78, Revision unter VI R 5/10

FG Münster 24.2.11, 11 K 4489/09 F, Revision unter VI R 15/11; 6.5.10, 3 K 3347/07 F, Revision unter VI R 52/10

FG Saarland 20.4.11, 2 K 1020/09, Revision unter VI R 29/11

BMF 22.9.10, IV C 4 - S 2227/07/10002 :002, BStBl I 10, 721

 

 

§ 5 EStG - Fragen zum Ansatz einer aktiven RAP 

 

Dem BFH liegt eine Revision zu der Frage vor, ob die Bearbeitungsgebühr für die Gewährung von öffentlich geförderten Krediten über die Darlehenszeit abzugrenzen ist, was das FG Köln bejaht. Gebilligt hat der BFH, dass bei laufend wiederkehrenden geringfügigen Beträgen auf die Bildung einer RAP verzichtet werden kann und dass für Kfz-Steuer ein RAP zu aktivieren ist, soweit sie auf die Zulassungszeit im folgenden Wirtschaftsjahr entfällt.

 

BFH 19.5.10, I R 65/09

FG Köln 12.11.09, 13 K 3803/06, Revision unter I R 7/10

Hessisches FG 6.11.08, 9 K 2244/04, Revision unter X R 20/09

 

 

§§ 6, 8 EStG - Privatnutzung des betrieblichen Kfz

 

Die private Nutzung eines Betriebs-Pkw ist laut Verwaltung und BFH aufgrund des Anscheinbeweises auch dann der Lohnsteuer zu unterwerfen, wenn der Arbeitgeber Privatfahrten zwar verbietet, die Einhaltung des Verbots aber nicht überwacht. Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat. Zu klären ist noch, wie der Nachweis fehlender Privatfahrten ohne Fahrtenbuch erfolgen kann und wie die Privatnutzung von Vorführwagen durch Angestellte des Autohauses zu behandeln ist. Zudem ist beim BFH eine Revision zu der Frage anhängig, ob die Ein-Prozent-Regel insoweit verfassungsmäßig ist, als sie auf den vollen Bruttolistenpreis bei der Erstzulassung abstellt, deutlich über den handelsüblichen Verkehrspreisen liegt und keine üblichen Rabattabschläge von im Durchschnitt 20 % berücksichtigt.

 

BFH 13.10.10, VI R 12/09; 21.4.10, VI R 46/08; 11.2.10, VI R 43/09

FG Rheinland-Pfalz 18.3.09, 1 K 2079/07, Revision unter VI R 26/10

FG Niedersachsen 14.9.11, 9 K 394/10, Revision unter VI R 51/11; 11.3.10, 1 K 327/07, Revision unter VI R 54/10

 

 

§ 7g EStG - Fragen zum Investitionsabzugsbetrag 

 

Steuerberater und Steuerpflichtige nutzen seit vielen Jahren die periodische Gewinnverlagerung von Ansparrücklage und Investitionsabzugsbetrag. Ansparrücklage und der neue Investitionsabzugsbetrag dürfen bei Neugründung und wesentlicher Erweiterung nur bei verbindlicher Bestellung gebildet werden. Diese strenge Anforderung an die Darlegung der Investitionsabsicht will das FG Münster für die geplante Anschaffung einer zusätzlichen Fotovoltaikanlage nicht gelten lassen, was der BFH genauso klären kann wie die vom FG aufgeworfene Frage, ob der Investitionsabzugsbetrag entgegen der Verwaltungsauffassung im Folgejahr aufgestockt werden kann. Geklärt vom BFH ist, dass der Investitionsabzugsbetrag mit der Steuererklärung erst im Einspruchs- oder Klageverfahren abgegeben oder vervollständigt wird, weil der Nachweis in zeitlicher Hinsicht nicht an den Zeitpunkt der Abgabe gebunden ist.

 

BFH 8.6.11, I R 90/10

FG Berlin-Brandenburg 16.9.10, 12 K 12197/09, Revision unter VIII R 48/10; 12 K 12163/10, Revision unter I R 90/10

FG Münster 21.1.10, 11 K 435/08 E, Revision unter III R 15/10

FG Niedersachsen 20.7.10, 16 K 116/10, Revision unter X R 25/10

 

 

§ 8 EStG - Bewertung von Jahreswagen

 

Das BMF wendet ein Urteil des BFH nicht an, wonach beim verbilligten Pkw-Kauf ein Wahlrecht zwischen der im Einzelfall günstigeren Bewertung nach § 8 Abs. 2 und 3 EStG besteht, wenn der Arbeitgeber Autos herstellt oder vertreibt. Das FG Düsseldorf hat nun erneut i.S. des BFH entschieden, wogegen Revision eingelegt wurde. Fälle können also wieder ruhen. Da der BFH jedoch auch bei § 8 Abs. 3 EStG den niedrigeren Angebotspreis abzüglich Rabattfreibetrag ansetzt und dies von der Verwaltung übernommen wurde, verliert das Wahlrecht an Bedeutung.

 

OFD Rheinland 7.8.07, S 2334 - 1006 - St 212, FR 07, 935

FG Düsseldorf 30.4.09, 15 K 4357/08 E, Revision unter VI R 30/09

BFH 17.6.09, VI R 18/07; 5.9.06, VI R 41/02, BStBl II 07, 309

BMF 18.12.09, IV C 5 - S 2334/09/10006

 

 

§ 20 EStG - Fragen zur Neuregelung durch die Abgeltungsteuer

 

Steuerberater haben sich seit Inkrafttreten der Neuregelung zur Abgeltungsteuer aus diversen Gründen gegen die Abgeltungsteuer gewendet. Zu diesem Themenbereich sind drei Rechtsfragen anhängig:

 

  • Zinsen aus Privatdarlehen zwischen nahestehenden Personen unterliegen nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG ohne Abzug des Sparer-Pauschbetrags der tariflichen Einkommensteuer. Allerdings ist insbesondere die Auslegung der Frage der nahestehenden Person bisher noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt und richtet sich nach der Definition im BMF-Anwendungserlass zur Abgeltungsteuer. Gegen das Urteil wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage die Revision unter VIII R 31/11 zugelassen.

 

  • Über das JStG 2010 wurde in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG auf die BFH-Rechtsprechung reagiert, indem Erstattungszinsen in allen offenen Fällen Kapitaleinnahmen darstellen. Der BFH hat in zwei anhängigen Revisionen erneut Gelegenheit, die Steuerpflicht und die rückwirkende Anwendung zu prüfen, zumal Nachzahlungszinsen unverändert nicht geltend gemacht werden können. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung werden von der Verwaltung abgelehnt. Die FG Münster und Düsseldorf hingegen gewähren AdV.

 

  • Die vom BMF vertretene Meinung wurde gesetzlich über das JStG 2010 klargestellt, indem erhaltene Stückzinsen auch dann ab dem 1.1.2009 der Abgeltungsteuer unterliegen, wenn sie aus der Veräußerung von vor 2009 angeschafften Wertpapieren stammen, die dem Bestandsschutz unterliegen. Da beim FG Münster unter 2 K 3644/10 E ein Klageverfahren zu der Frage anhängig ist, ob es sich bei der Gesetzesänderung um eine unzulässige Rückwirkung handelt, können Einsprüche nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO ruhen, AdV wird nicht gewährt.

 

Darlehen: FG Niedersachsen 6.7.11, 4 K 322/10, Revision unter VIII R 31/11

Erstattungszinsen: OFD Rheinland 21.2.11, akt. Kurzinfo ESt 1/2011

FG Münster 27.10.11, 2 V 913/11 E; 16.12.10, EFG 11, 649, 5 K 3626/03 E, Revision unter VIII R 1/11

FG Baden-Württemberg 29.1.10, 10 K 2720/09, Revision unter VIII R 36/10

FG Schleswig-Holstein 1.6.11, 2 V 35/11, Beschwerde unter VIII B 95/11

FG Düsseldorf 5.9.11, 1 V 2325/11 A(E)

Stückzinsen: OFD Münster, 2.2.11, Kurzinfo ESt 3/2011

 

 

§ 21 EStG - Fragen zu den Mieteinkünften

 

Als Steuerberater für Vermieter sind folgende Verfahren von Interesse: Bei einer dauerhaften Vermietung von Wohnraum ist im Gegensatz zu Gewerbeobjekten grundsätzlich von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen. Dieser Grundsatz gilt aber nicht bei Gewerbeobjekten und einer langjährigen Renovierung mit Leerstand. Vergebliche Aufwendungen für die Anschaffung von unbebautem Grund und Boden sind hingegen keine Werbungskosten. Zu klären ist in diesem Zusammenhang noch,

 

  • ob die Annahme einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit auch bei Zwischenmietverhältnissen über Gewerbeflächen gilt (FG Nürnberg 25.6.09, 4 K 1561/2007, Revision unter IX R 7/10),

 

  • ob der Vermieter bei längerem Leerstand besondere Maßnahmen ergreifen muss, um die Einkunftserzielungsabsicht zu belegen (FG München 14.10.09, 1 K 845/09, Revision unter VIII R 51/09; FG Nürnberg 8.7.10, 7 K 292/2008, Revision unter IX R 68/10),

 

  • ob der Vermieter bei Zahlungsverzug des Mieters den Mietvertrag kündigen muss, um seine Einkünfteerzielungsabsicht zu erhalten (FG Sachsen-Anhalt 24.2.10, 2 K 894/05, Revision unter IX R 70/10),

 

  • ob Schuldzinsen nach der Immobilienveräußerung aufgrund der geänderten BFH-Rechtsprechung zu § 17 EStG (16.3.10, VIII R 20/08, BStBl II 10, 787) nachträgliche Werbungskosten sind, wenn der Verkaufspreis nicht zur Tilgung des Darlehens reicht (FG Baden-Württemberg 1.7.10, 13 K 136/07, Revision unter IX R 67/10). Laut FG Düsseldorf (18.7.11, 11 V 1620/11 A (E)) fehlt jedes stichhaltige Argument, das eine unterschiedliche Beurteilung der nachträglichen Schuldzinsen bei betrieblichen und privaten Einkünften legitimieren könnte, wenn der Immobilienverkauf im Rahmen des § 23 EStG steuerbar ist. Der BFH (16.6.11, IX B 72/11) lehnt dies vorläufig noch ab,

 

  • ob Ausbaukosten für einen Öltank aufgrund anwaltlicher Drohung der Käuferseite nach Veräußerung der Mietimmobilie zu nachträglichen Werbungskosten führen (IX R 16/11),

 

  • ob und wie Leerstandszeiten bei einer dauerhaften Untervermietung der Selbstnutzung zuzurechnen sind (FG Berlin-Brandenburg 7.12.10, 5 K 5235/07, Revision unter IX R 19/11) und

 

  • ob die Überschusserzielungsabsicht für eine Ferienwohnung zwingend durch eine Prognose zu überprüfen ist, wenn die regional durchschnittlichen Vermietungstage erreicht und häufig sogar deutlich überschritten werden und inwieweit der vorbehaltenen Selbstnutzung des Eigentümers eine geringere Bedeutung beizumessen ist (FG Köln 30.6.11, 10 K 4965/07, Revision unter IX R 26/11).

 

BFH 8.9.10, VIII R 1/10, BFH/NV 11, 223; 28.9.10, IX R 37/09; 18.8.10, X R 30/07; 11.8.10, IX R 3/10; 20.7.10, IX R 49/09

Schuldzinsen: OFD Frankfurt 21.1.11, S 2211 A - 17 - St 214

 

 

§ 26 EStG - Kein Splittingtarif für Lebenspartnerschaften?

 

Der Ausschluss eingetragener Lebenspartner von der Zusammenveranlagung verstößt trotz der vergleichbaren zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtungen mit Ehepartnern weder gegen das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot, noch gegen ein europa- und völkerrechtliches Diskriminierungsverbot, so der BFH. Ausreichend ist der Abzug von Unterhalt nach § 33a EStG. Zum Sachverhalt liegen jedoch drei Verfassungsbeschwerden sowie zahlreiche Revisionen vor, ob der Lebenspartnerschaft als eigener Familienstand Splitting zu gewähren und hierzu der EuGH anzurufen ist. Die FG Niedersachsen, Nürnberg und Baden-Württemberg haben ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Versagung der Zusammenveranlagung für eingetragene Lebensgemeinschaften. Der Aufhebung der Vollziehung steht das Interesse an einer geordneten Haushaltsführung nicht entgegen.

 

BFH 20.7.06, III R 8/04, beim BVerfG unter 2 BvR 1981/06; 26.1.06, III R 51/05, BStBl II 06, 515, beim BVerfG unter 2 BvR 909/06; 19.10.06, III R 29/06, BFH/NV 07, 663, beim BVerfG unter 2 BvR 288/07

FG Niedersachsen 15.6.11, 3 V 125/11, Beschwerde unter III B 134/11; 9.11.10, 10 V 309/10; 1.12.10, 13 V 239/10

FG Nürnberg 16.8.11, 3 V 868/11

FG Baden-Württemberg 12.9.11, 3 V 2820/11; 16.5.11, 9 V 1339/11

Revisionen unter III R 36/10, III R 103/07, III R 83/06, III R 14/05, III R 13/05, III R 12/05 und III R 11/05

 

 

§§ 32, 63 EStG - Einkommensgrenze bei volljährigen Kindern

 

Gemäß BVerfG und BFH sind bei der Prüfung der Einkunftsgrenze bei volljährigen Kindern und im Rahmen des § 33a EStG gezahlte gesetzliche und freiwillige Sozialversicherungsbeiträge abziehbar. Diese Entscheidung war Auslöser einer Reihe von Fragen, die nunmehr als Revision anhängig sind.

 

Nachfolgend die wichtigsten offenen Fragen in Stichworten:

 

  • Inwiefern ist eine Nachzahlung der Berufsunfähigkeitsrente zu berücksichtigen (III R 13/11)?

 

  • Kann ein Kind mit gewerblichen Einkünften Beiträge zur privaten Krankenzusatzversicherung und Altersvorsorge abziehen (III R 7/11)?

 

  • Sind Beiträge zur Privathaftpflichtversicherung abzugsfähig (III R 92/10)?

 

  • Sind Krankheitskosten und Miete am Ausbildungsort abziehbar (III R 21/10)?

 

  • Sind die neben der Studien- zu zahlende Semestergebühren und Studentenwerksbeiträge als besondere Ausbildungskosten mindernd zu berücksichtigen (III R 38/08)?

 

  • Ist die Unterhaltspflicht gegenüber der vermögens- und einkunftslosen Ehefrau zu berücksichtigen (III R 72/07)?

 

  • Gelten die vom Arbeitgeber gewährte vermögenswirksamen Leistungen (III R 73/08, III R 23/09, III R 57/09, III R 73/10) als Einkommen?

 

  • Mindern Beiträge zur Familienversicherung die Einkünfte, wenn das Kind nicht selbst Versicherungsnehmer ist (III R 46/09, III R 85/10)?

 

  • Können mit Mieteinkünften zusammenhängende Versorgungsleistungen abgezogen werden (III R 6/10)?

 

Entschieden ist, dass die aus einer Erbschaft oder Schenkung von einem Elternteil zugeflossenen Mittel nicht als Bezüge zu berücksichtigen und Kosten für Unterkunft und Verpflegung als ausbildungsbedingter Mehrbedarf beim Auslandspraktikum nicht absetzbar sind, Arbeitnehmeranteile zur VBL sich nicht mindernd auswirken, ein Entlassungsgeld bei Beendigung des Wehrdienstes bei der Ermittlung des Grenzbetrags im Zuflussjahr einzubeziehen und der Ausbildungsfreibetrag angemessen ist.

 

BFH 4.8.11, III R 22/10; 19.5.11, III R 41/09; 9.6.11, III R 28/09; 25.11.10, III R 111/07; 15.7.10, III R 70/08, BStBl II 11, 121; III R 22/09; 17.6.10, III R 59/09; III 63/09; III R 81/09

Übersicht: OFD Frankfurt 26.8.11, S 2282 A - 22 - St 223

Sächsisches FG 30.4.08, 5 K 1017/05 (Kg), Revision unter III R 13/11

FG München 14.1.11, 10 K 3574/08, Revision unter III R 7/11; 10.12.09, 5 K 3018/09, Revision unter III R 6/10

FG Düsseldorf 22.12.08, 10 K 3694/06 Kg, Revision unter III R 57/09; 31.7.08, 14 K 1515/07 Kg, Revision unter III R 73/08; 16.4.08, 9 K 4245/07 Kg, Revision unter III R 38/08

FG Bremen 19.7.07, 4 K 69/05 (6), Revision unter III R 72/07

FG Sachsen 12.5.09, 5 K 1239/06 (Kg), Revision unter III R 41/09

FG Baden-Württemberg 16.2.09, 6 K 83/06, EFG 09, 937, Revision unter III R 23/09

FG Münster 4.6.09, 3 K 840/08 Kg, Revision unter III R 46/09

FG Niedersachsen 20.4.09, 16 K 370/08, Revision unter III R 92/10

FG Rheinland-Pfalz 29.4.09, 1 K 1843/08, Revision unter III R 21/10

FG Nürnberg 30.9.09, 3 K 426/2007, Revision unter III R 73/10

FG Berlin-Brandenburg 4.11.10, 4 K 10218/06 B, Revision unter III R 85/10

 

 

§ 8c KStG - Mantelkaufregelung ist zweifelhaft 

 

Die Steuerberatung von GmbH`s führt im Rahmen der Mantelkaufregelung zu einigen Streitfragen. Das FG Hamburg hat dem BVerfG die Frage zur Verlustverrechnungsbeschränkung vorgelegt. Das FG hält § 8c Abs. 1a KStG aus mehreren Gründen für verfassungsrechtlich bedenklich, wenn ein Gesellschafterwechsel bei einer Kapitalgesellschaft dazu führt, dass Verluste verlorengehen gehen. Laut FG Münster gilt die Beschränkung des Verlustabzugs zumindest nicht für den Abzug eines im laufenden Jahr bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs entstandenen Gewinns. GmbHs und ihre Gesellschafter halten bereits entstandene oder künftig anstehende Verlustfälle mit begrenzter Verrechnung über einen ruhenden Einspruch offen. Das gilt auch hinsichtlich der Gewerbesteuer. Die Verwaltung gewährt AdV beschränkt bis zum Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c KStG.

 

FG Hamburg 4.4.11, 2 K 33/10, beim BVerfG unter 2 BvL 6/11

BMF 19.10.11, IV C 2 - S 2741/10/10002

BFH 26.8.10, I B 49/10, DStR 10, 2179

FG Münster 30.11.2010, 9 K 1842/10 K, Revision unter I R 14/11; 1.8.11, 9 V 357/11 K, G

Sächsisches FG 16.3.11, 2 K 1869/10, Revision unter I R 31/11

EU-Kommission 24.2.10, K(2010)970; 26.1.11, (K(2011)275), BStBl I 10, 482

OFD Magdeburg 5.7.11, S 2745 a-4-St 216

 

 

§ 1 UStG - EuGH-Vorlage zur Geschäftsveräußerung im Ganzen

 

Der EuGH hat BFH-Anfragen zu den Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG dahingehend beantwortet, dass die Umsatzsteuerfreiheit selbst vorliegt, wenn die Einrichtung und der Warenbestand eines Ladenlokals verkauft wird und die Geschäftsräume vom Verkäufer an den Erwerber langfristig vermietet werden und der Vertrag kurzfristig kündbar ist, sofern die übertragenen Sachen für die dauerhafte selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit des Erwerbers ausreichen.

 

EuGH 10.10.11, C-444/10

 

 

§ 15 UStG - Vorsteuerabzug bei Solaranlagen

 

Der BFH hat in drei Urteilen Grundsätze zur Vorsteuer aus Dachinstallationskosten für eine Fotovoltaikanlage aufgestellt: bei der Erweiterung eines Carport, für die Sanierung des Scheunendachs und die Errichtung eines Schuppens. Nach dem Umsatzschlüssel ist insoweit ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich. Offen ist noch die Vorgehensweise bei der Gebäudeerneuerung wegen Asbest.

 

BFH 19.7.11, XI R 29/10; XI R 21/10; XI R 29/09

FG Rheinland-Pfalz 10.2.11, 6 K 2607/08, Revision unter XI R 10/11

 

 

§ 15 UStG - Aufteilung der Vorsteuer nach dem Umsatzschlüssel 

 

Die Vorsteuer ist bei gemischt genutzten Immobilien über § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nach der Nutzfläche aufzuteilen. Nach der Mehrwertsteuer-Richtlinie hingegen ist der Umsatzschlüssel die Regel und der BFH hat mehrfach betont, dass ein Verhältnis der Ausgangsumsätze sachgerecht sei. Der BFH hat dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Mitgliedstaaten ermächtigt sind, für die Aufteilung der Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsmaßstab als den Umsatzschlüssel vorzuschreiben.

 

EuGH 13.3.08, C-437/06, DStR 08, 615

FG Düsseldorf 11.9.09, 1 K 996/07 U, Revision unter XI R 31/09

BFH 7.7.11, V R 36/10; 22.7.10, V R 19/09, beim EuGH unter C-511/10; 15.10.09, XI R 82/07; 13.8.08, XI R 53/07; 22.11.07, V R 43/06, BStBl II 08, 770; V R 35/06, BFH/NV 08, 628

BMF 30.9.08, IV B 8 - S 7306/08/10001, BStBl I 08, 896; 24.11.04, IV A 5 - S 7306, BStBl I 04, 1125; 6.12.05, IV A 5 - S 7316 - 25/05, BStBl I 05, 1068

 

 

GrEStG - Fragen zur Bemessungsgrundlage 

 

Der BFH hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ansatz des Grundbesitzwerts gem. § 8 Abs. 2 GrEStG als Bemessungsgrundlage und hat hierzu das BVerfG angerufen. Denn die Immobilienbewertung wurde ab 2009 nur für das ErbStG an die Vorgaben zur Bewertung auf Marktniveau angepasst. In dieser Hinsicht ergehen Grunderwerbsteuer-bescheide nur noch vorläufig. AdV-Anträge lehnt die Verwaltung noch ab. Nach Ansicht des BFH kann keine Aussetzung erfolgen, weil nicht angenommen werden kann, dass das BVerfG die Regelung rückwirkend für nichtig erklären wird. Nach Ansicht des FG Münster verstößt es gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass Lebenspartnerschaften nicht in allen offenen Fällen rückwirkend Ehegatten gleichgestellt sind. Auch dieser Fall ist beim BVerfG anhängig.

 

Tarif: FG Münster 24.3.11, 8 K 2430/09 GrE, beim BVerfG unter 1 BvL 16/11

Bemessungsgrundlage: BFH 2.3.11, II R 23/10; II R 64/08; 8.9.10, II R 3/10; 27.5.09, II R 64/08, BStBl II 09, 856; 29.7.09, II R 8/08, BFH/NV 10, 60

OFD Karlsruhe 15.4.10, S 033.8/66 - St 333, StEd 10, 382

Gleichlautende Ländererlasse 1.4.10, BStBl I 10, 266

AdV: BFH 5.4.11, II B 153/10

 

 

§ 146 AO - Ermessensausübung beim Verzögerungsgeld

 

Die Verwaltung lässt beim BFH prüfen, welche Grundsätze für die Ermessensausübung hinsichtlich der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes wegen der Nichtvorlage angeforderter Unterlagen im Rahmen einer Außenprüfung gelten und inwieweit auch Zeiträume einzubeziehen sind, in denen ein Antrag auf AdV anhängig war.

 

FG Berlin-Brandenburg 19.5.11, 13 K 13246/10, Revision unter IV R 25/11

 

 

§ 172 AO - Bestandskraft bei Verstoß gegen EU-Recht

 

Ein nachträglich erkannter Verstoß gegen EU-Recht durchbricht nicht die Bestandskraft und die Dauer der Einspruchsfrist ist gemeinschaftskonform. Da gegen diese BFH-Urteile Verfassungsbeschwerde eingelegt wurde, können Fälle ruhen, die einen Verstoß insbesondere gegen das UStG, aber auch im Rahmen des EStG oder nach dem ErbStG betreffen.

 

BFH 16.9.10, V R 48/09; V R 49/09; V R 51/09, beim BVerfG unter 1 BvR 1390/11; BvR 1395/11; 1 BvR 1403/11

 

 

§ 173 AO - Verschulden bei Fehler im ELSTER-Verfahren

 

Dem BFH liegen zwei Revisionen zu der Frage vor, inwieweit sich das grobe Verschulden bei Änderungen zugunsten des Stpfl. auf Sachverhalte im computergesteuerten ELSTER-Verfahren auswirkt.

 

FG Sachsen-Anhalt 30.6.10, 2 K 742/09, Revision unter VI R 5/11

FG Rheinland-Pfalz 13.12.10, 5 K 2099/09, Revision unter X R 8/11

 

 

§ 367 AO - Wirkung von Teil-Einspruchsentscheid und Vorläufigkeit

 

Hängt die Höhe der festzusetzenden Steuer von der Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht ab und ist hierzu ein Verfahren beim EuGH, BVerfG oder einem obersten Bundesgericht anhängig, wird der Rechtsschutz durch einen Vorläufigkeitsvermerk ausreichend gewahrt. Dabei ist auch eine Teileinspruchsentscheidung rechtmäßig, wenn das FA bei Sachdienlichkeit vorab über Teile des Einspruchs entscheidet. Damit billigt der BFH den durch das JStG 2007 eingefügten § 367 Abs. 2a AO und hält einen Vorläufigkeitsvermerk inhaltlich nach Grund und Umfang hinreichend bestimmt. Als Folge wurden verschiedene Regelungen des AEAO geändert. Da gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde eingelegt wurde, ist die Voraussetzung für ein Ruhen aus Zweckmäßigkeitsgründen erfüllt. Offen ist zudem die Frage, ob das FA bei Verfahrensruhe am Erlass einer Einspruchsentscheidung gehindert ist und inwieweit sich der nachträglich beigefügte Vorläufigkeitsvermerk auf den Rechtsschutz auswirkt.

 

BFH 30.9.10, III R 39/08, BStBl II 11, 11; beim BVerfG unter 1 BvR 1359/11

FG Baden-Württemberg 27.5.08, 4 K 340/06, Revision unter X R 32/08

BMF 17.3.11, IV A 3 - S 0062/08/10007-10, BStBl I 11, 241

 

 

InvStG - Pauschale Fondsbesteuerung ist EU-widrig

 

Die bis 2003 nach § 18 AuslInvestmG geltende pauschale und zumeist deutlich überhöhte Besteuerung bei schwarzen Fonds verstößt nach Ansicht des BFH gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Die Verwaltung wendet dies in offenen Fällen für Fonds aus dem EU- und EUWR-Raum an. Der BFH erweitert dies auch auf Fonds aus Drittländern, was die Verwaltung aufgrund der unter VIII R 2/09 anhängigen Revision zunächst nicht anwendet, aber AdV gewährt. Offen ist, ob eine nachträgliche Bescheinigung der Fondsgesellschaft zu berücksichtigen ist, was in der Revision unter VIII R 18/08 entschieden wird.

 

BFH 25.8.09, I R 88/07; I R 89/07; 18.11.08, VIII R 24/07, BFH/NV 09, 633; VIII R 2/06, BFH/NV 09, 731

BMF 6.7.09, IV C 1 - S 1980 - a/07/0001

FG München 16.12.08, 10 K 4614/05, EFG 09, 554, Revision unter VIII R 2/09; 6.12.06, 10 K 390/06, EFG 07, 479, Revision unter VIII R 18/08

OFD Münster 11.2.10, Kurzinformation ESt 002/2010

 

 

ErbStG - Zweifel an Verfassungsmäßigkeit

 

Als Steuerberater für Erbschaftsteuer betrachten wir die Entwicklung der Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit mit erheblichem Interesse. Das BVerfG hat drei Verfassungsbeschwerden gegen das Erbschaftsteuerreformgesetz 2009 hinsichtlich der Beeinträchtigung der Testierfreiheit nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie die erforderliche Selbstbetroffenheit durch die Erbschaftsteuerreform nicht hinreichend erkennen lassen. Damit ist noch nicht entschieden, ob keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das neue ErbStG bestehen. Diese Frage kann erst über den Rechtsweg gegen einen entsprechenden Steuerbescheid geklärt werden. Der BFH hat das BMF zum Verfahrensbeitritt aufgefordert, ob die Gleichstellung der Steuerklassen II und III verfassungsmäßig ist. Darüber hinaus liegt unter 1 BvR 1432/10 noch eine Verfassungsbeschwerde gegen die Regelung vor, dass die bis zum Tod aufgelaufenen Zinsen als Erwerb und anschließend als Kapitaleinnahme erfasst werden. Der BFH sieht darin keine Übermaßbesteuerung, sodass die latente Einkommensteuerlast keine Nachlassverbindlichkeit darstellt.

 

BVerfG 30.10.10, 1 BvR 3198/09, 1 BvR 3197/09 und 1 BvR 3196/09

BFH 1.4.10, II B 168/09, BStBl II 10, 558; 17.2.10, II R 23/09, beim BVerfG unter 1 BvR 1432/10; BFH 5.10.11, II R 9/11