Steuerberater Bonn
Kessenich / Poppelsdorf

Luisenstraße 32
53129 Bonn
Tel.: 0228 / 911 730

Rechtsanwalt für Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung: Vorgehen der Finanzverwaltung

Als Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater in Bonn kennen wir die Vorgehensweise aufgrund der internen Anweisungen der Finanzämter im Umgang mit Selbstanzeigen bei Steuerhinterziehung. Dies ist notwendig, um mit dem Finanzamt auf Augenhöhe zu arbeiten und unsere Mandanten bestmöglich zu beraten.

Ohnehin sollte bei allen Steuerstrafverfahren und Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung der Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater hinzugezogen werden. Wir stehen in Bonn genauso wie bei Ihnen vor Ort zur Verfügung. 

Nachfolgend ein Auszug aus den gleichlautenden Ländererlassen vom 01.11.2013 zur Bearbeitung von Steuerstrafverfahren:

...

(1) Nach dem Legalitätsprinzip (vgl. Nummer 14) ist die BuStra grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, nach Eingang einer Selbstanzeige ein Strafverfahren zur Prüfung der Straffreiheit gemäß § 371 Abs. 1 und 3 AO einzuleiten, BStBl 2008 II S. 844). Von der Einleitung eines Strafverfahrens ist nur dann abzusehen, wenn in der Selbstanzeige die Angaben erkennbar richtig und vollständig gemacht wurden, die nachzuzahlenden Steuern in voller Höhe entrichtet wurden und die nach § 370 Abs. 1 AO verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 50 000 Euro je Tat nicht übersteigt (§ 371 Abs. 2 Nr. 3 AO).

(2) Im Bereich einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ist eine Selbstanzeige vollständig, wenn alle strafrechtlich unverjährten Steuerstraftaten (§ 369 Abs. 1 Nr. 1 AO) einer Steuerart offenbart werden (§ 371 Abs. 1 AO). Anknüpfungspunkt für den strafrechtlich noch nicht verjährten Zeitraum ist die materielle Tat, die durch Steuerart und Besteuerungszeitraum bestimmt wird.

(3) Die BuStra prüft, ob die Angaben für eine wirksame Selbstanzeige ausreichen. Ist der Sachverhalt weiter aufklärungsbedürftig, hat die BuStra die Ermittlungen selbst durchzuführen oder zu veranlassen.

(4) Hängt die Straf- oder Bußgeldfreiheit von der Nachentrichtung der Steuer ab, veranlasst die BuStra, dass dafür eine angemessene Frist gesetzt und dabei auf die Bedeutung der Einhaltung der Frist hingewiesen wird. Fristverlängerung, Stundung, Vollstreckungsaufschub sowie Erlass dürfen nur im Benehmen mit der BuStra gewährt werden.

...

(1) Die Entscheidung über die Abgabe (§ 386 Abs. 4 Satz 1 AO) ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Die unverzügliche Abgabe kommt in Betracht, wenn besondere Umstände es angezeigt erscheinen lassen, dass das Ermittlungsverfahren unter der Verantwortung der Staatsanwaltschaft fortgeführt wird. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn

  1. eine Maßnahme der Telekommunikationsüberwachung beantragt werden soll (vgl. auch Nummer 74);

  2. die Anordnung der Untersuchungshaft (§§  112 , 113  StPO) geboten erscheint;

  3. die Strafsache besondere verfahrensrechtliche Schwierigkeiten aufweist;

  4. der Beschuldigte außer einer Tat im Sinne der Nummern 18 und 19 noch eine andere – prozessual selbständige – Straftat begangen hat und die Taten in einem einheitlichen Ermittlungsverfahren verfolgt werden sollen (vgl. auch Nummer 140 Abs. 3);

  5. Freiheitsstrafe zu erwarten ist, die nicht im Strafbefehlsverfahren geahndet werden kann;

  6. gegen die in Nummern 151 bis 154 genannten Personen ermittelt wird;

  7. ein Amtsträger der Finanzverwaltung der Beteiligung verdächtig ist.

In den Fällen der Nummern 6 und 7 hat eine sofortige Abgabe zu erfolgen.

(2) In den Fällen, die wegen der Größenordnung oder aus anderen Gründen, namentlich wegen der Persönlichkeit oder der Stellung des Beschuldigten oder wegen des Sachzusammenhangs mit anderen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, von besonderer Bedeutung sind, hat die Finanzbehörde, sofern sie nicht die Vorgänge gemäß Abs. 1 abgegeben hat, die Staatsanwaltschaft unverzüglich zu verständigen. Dies gilt auch, wenn zu entscheiden ist, ob eine wirksame Selbstanzeige i. S. v. § 371 AO gegeben ist.

... 

(1)  Selbstanzeigen (§§ 371, 378 Abs. 3 AO), die als solche bezeichnet oder erkennbar sind, sind der BuStra zuzuleiten. Das Gleiche gilt für andere Erklärungen, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass zuvor durch unrichtige, unvollständige oder unterlassene Angaben gegenüber der Finanzbehörde vorsätzlich oder leichtfertig Steuern verkürzt wurden. Keine Vorlagepflicht besteht für Erklärungen, die zweifelsfrei auf nachträglichen Erkenntnissen des Steuerpflichtigen beruhen.

(2) Bei der Umsatz- und Lohnsteuer sind berichtigte oder verspätet abgegebene Steuer(vor)anmeldungen nur in begründeten Einzelfällen an die BuStra weiterzuleiten. Kurzfristige Terminüberschreitungen und geringfügige Abweichungen sind unschädlich, es sei denn, es bestehen zusätzliche Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung. Liegen derartige Anhaltspunkte vor, kann die Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuerjahreserklärung als Selbstanzeige hinsichtlich unrichtiger, unvollständiger oder unterlassener Angaben in den zuvor abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen dieses Jahres gewertet werden. Für die Wirksamkeit der Selbstanzeige bedarf es dann keiner gesonderten Korrektur des einzelnen Voranmeldungszeitraums.

(3) Umstände, welche der Straf- oder Bußgeldfreiheit entgegenstehen könnten (§ 371 Abs. 2, § 378 Abs. 3 Satz 1 AO), und in Fällen des § 371 Abs. 3 und des § 378 Abs. 3 Satz 2 AO nachzuentrichtende oder zurückzuzahlende Beträge sind jeweils mitzuteilen.

(4) Zur Behandlung der Selbstanzeige vgl. Nummer 11.

...

 

Darüber hinaus hatte die Oberfinanzdirektion Hannover (S 0722 - 36 - StO 121) schon 2005 zum Ablauf bei Selbstanzeigen im Finanzamt Stellung genommen. Auch heute noch können hieraus Rückschlüsse gezogen werden:

 

Einleitung von Steuerstrafverfahren bei Erstattung von Selbstanzeigen 

1.  Allgemeines

Hat ein Steuerpflichtiger eine vollständige Selbstanzeige abgegeben und stehen keine Ausschlussgründe nach § 371 Abs. 2 AO (Erscheinen eines Amtsträgers zur Prüfung, Bekanntgabe der Einleitung eines Strafverfahrens, Tatentdeckung) der Wirksamkeit entgegen, so hat der Steuerpflichtige insoweit eine Anwartschaft auf Straffreiheit erworben. Erst wenn die hinterzogene Steuer insoweit bezahlt wurde, tritt die Straffreiheit endgültig ein.

Das Legalitätsprinzip erfordert bei Selbstanzeigen grundsätzlich dann die formelle Einleitung eines Steuerstrafverfahrens, wenn der persönliche Strafaufhebungsgrund des § 371 AO mangels vollständig erfüllter Tatbestandsmerkmale (noch) nicht eingetreten ist. Dabei ist Folgendes zu beachten:

2  Inhalt der Selbstanzeige

2.1  Materiallieferung

§ 371 AO verlangt vom Anzeigenden, dass dieser unrichtige oder unvollständige Angaben berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt. Er muss also als Berichtigungserklärung neue und nunmehr wahrheitsgemäße Angaben grundsätzlich vollständig vorbringen.

Nach dem Grundsatz der Materiallieferung müssen die in der Berichtigungserklärung enthaltenen Angaben grundsätzlich denselben Anforderungen genügen, denen der Anzeigeerstatter bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten hätte entsprechen müssen. Als Grundsatz gilt, dass es dem Finanzamt durch die Angabe in der Selbstanzeige ermöglicht werden muss, ohne komplizierte und langwierige Nachforschungen den wahren Sachverhalt aufzuklären und den richtigen Steuerbetrag zu errechnen.

2.2  Schätzung der Besteuerungsgrundlagen

Eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch den Steuerpflichtigen in der Selbstanzeige, die im weiteren Verfahren zu konkretisieren ist, ist möglich. Es bestehen keine Bedenken, in solchen Fällen zunächst einen auf den geschätzten Besteuerungsgrundlagen basierenden Änderungsbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu erlassen und die Steuerfestsetzung insoweit für vorläufig zu erklären. Eine Selbstanzeige kann insgesamt als noch wirksam angesehen werden, wenn die in der Selbstanzeige zunächst nacherklärten Besteuerungsgrundlagen nur geringfügig hinter den tatsächlichen zurückbleiben.

3  Verfahren zur Beurteilung der Wirksamkeit der Selbstanzeige

3.1  Notwendigkeit der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens

Soweit

  • Zweifel an der Vollständigkeit oder der Richtigkeit der Selbstanzeige besteht oder
  • der Steuerpflichtige bei der Abgabe der Selbstanzeige nicht in der Lage ist, Beträge für eine unmittelbare Steuerfestsetzung ausreichend genau zu beziffern oder
  • eine Selbstanzeige ohne konkrete Angaben von Besteuerungsgrundlagen nur angekündigt wird,

ist ein Steuerstrafverfahren einzuleiten. Damit wird bei Bekanntgabe der Einleitung – möglicherweise nur bezüglich des unvollständigen Teils – ein Ausschlussgrund für die Anerkennung der Selbstanzeige nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 b)  AO gesetzt. Eine solche verunglückte Selbstanzeige kann strafmildernd berücksichtigt werden.

Die Bekanntgabe der Einleitung hat spätestens bei Aufforderung an den Täter, Tatsachen darzulegen oder Unterlagen vorzulegen (§ 397 Abs. 3 AO) zu erfolgen. Die Bekanntgabe hat auch zu erfolgen, wenn die Finanzbehörde dem Steuerpflichtigen schriftlich Gelegenheit zur Belegvervollständigung einräumt.

3.2   Selbstanzeigen bei Anordnung einer Betriebsprüfung  

Wenn nach Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung, aber noch vor Beginn der Prüfungsmaßnahmen eine Selbstanzeige erstattet wird, ist wie folgt zu verfahren:

3.2.1  Spätestens mit Beginn der Prüfungshandlungen ist für die vom Steuerpflichtigen in der Selbstanzeige benannten Veranlagungszeiträume und Steuerarten ein Steuerstrafverfahren einzuleiten und bekannt zu geben.

Der Steuerpflichtige ist auch in diesem Verfahrensstadium weiterhin zur Mitwirkung verpflichtet (§ 200 AO). Er ist darüber zu belehren, dass im Besteuerungsverfahren Zwangsmittel unzulässig sind, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat zu belasten (§ 393 Abs. 1 AO, § 10 Abs. 1 BpO).

Anschließend ist die Außenprüfung im angekündigten Umfang einschließlich einer Überprüfung der Vollständigkeit der Selbstanzeige nach den allgemeinen Grundsätzen durchzuführen. Gegebenenfalls ist die Prüfungsanordnung auf alle in der Selbstanzeige benannten Veranlagungszeiträume und Steuerarten zu erweitern. Ist die Selbstanzeige danach als vollständig anzusehen, tritt vorbehaltlich der fristgerechten Bezahlung i. S. des § 371 Abs. 3 AO insoweit Straffreiheit ein.

3.2.2  Auch wenn die Selbstanzeige vor Beginn der Prüfungsmaßnahmen nur angekündigt wird, ist ein Steuerstrafverfahren einzuleiten und spätestens mit Beginn der Prüfungsmaßnahmen bekannt zu geben. Der bloßen Ankündigung kommt keine strafbefreiende Wirkung zu (vgl. Tz. 3.1).

Sofern der Steuerpflichtige veranlasst durch die Prüfungsanordnung eine Selbstanzeige nur ankündigt und um eine Verschiebung des Prüfungsbeginns ersucht, um eine Selbstanzeige zu konkretisieren, ist dem grundsätzlich nicht zu entsprechen. Die Prüfung sollte zum beabsichtigten Termin beginnen. Die Ausschlussgründe nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 a) bzw. b) AO führen zur Unwirksamkeit einer nur angekündigten Selbstanzeige.

3.2.3  Die Ausschlusswirkung nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 a) bzw. b) AO bezieht sich auf den konkreten Prüfungsauftrag bzw. den Inhalt der bekannt gegebenen Verfahrenseinleitung. Eine Selbstanzeige kann folglich auch noch nach dem Erscheinen zur steuerlichen Prüfung oder nach Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens wirksam erstattet werden, soweit sie andere Veranlagungszeiträume und Steuerarten betrifft.

 3.3  Bescheidänderung, Unterrichtung der Bußgeld- und Strafsachenstelle und Gewährung einer Zahlungsfrist nach § 371 Abs. 3 AO.

3.3.1  Nach Eingang der Selbstanzeige ändert die Festsetzungsstelle die Bescheide oder holt bisher unterbliebene Verwaltungsakte nach. Geht die Selbstanzeige nach einer Prüfungsanordnung oder während einer Außenprüfung ein, ist außerdem sofort der Prüfungsdienst zu informieren.

3.3.2   Unabhängig von der Erfordernis der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens sind alle im Veranlagungsfinanzamt eingehenden Selbstanzeigen und andere wie eine Selbstanzeige wirkenden Erklärungen in einer Ausfertigung der Bußgeld- und Strafsachenstelle zur abschließenden Entscheidung über die Straffreiheit (einschließlich Erfassung im Verfahren InFuSt) zuzuleiten. Auf die Übersendung von zweifelsfrei nur auf nachträglichen Erkenntnissen des Steuerpflichtigen beruhenden Nacherklärungen (§ 153 AO) und verspäteten Steueranmeldungen kann verzichtet werden. Umstände, welche der Straffreiheit entgegenstehen könnten sowie nach § 371 Abs. 3 AO nachzuentrichtende Beträge sind jeweils mitzuteilen. Beizufügen sind Ablichtungen der früheren Erklärungen und der Bescheide.

3.3.3  Wenn anlässlich der nach Nr. 120 Abs. 1 der Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer)   – AStBV (St) – gebotenen Prüfung der Bußgeld- und Strafsachenstelle, ob die Angaben für eine wirksame Selbstanzeige ausreichen, die Vollständigkeit und Richtigkeit der Selbstanzeige festgestellt wird, kann grundsätzlich auf Einleitung eines Steuerstrafverfahrens verzichtet werden. Wird die vom Veranlagungsfinanzamt unmittelbar auf der Basis der angezeigten Besteuerungsgrundlagen im Änderungsbescheid gesetzte Zahlungsfrist eingehalten, ist die Selbstanzeige auch ohne förmliche Fristsetzung nach § 371 Abs. 3 AO wirksam.

Soweit der Steuerpflichtige allerdings die so ermittelte Steuer nicht fristgerecht entrichtet, kann die Bußgeld- und Strafsachenstelle im eingeleiteten Strafverfahren eine kurze strafrechtliche Frist i. S. des § 371 Abs. 3 AO gewähren, bei deren Einhaltung noch Straffreiheit eintritt.   Wird auch innerhalb dieser Frist nicht gezahlt, greift die auflösende Bedingung der o. a. Anwartschaft und die Bußgeld- und Strafsachenstelle führt die weiteren Ermittlungen durch. 

Information durch: Stefan Arndt, Steuerberater/Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht - Bonn | Steuerstrafrecht

Diese Informationen ersetzen nicht die Beratung im Einzelfall durch den Steuerberater/Rechtsanwalt