In dem Papier des Verbandes heißt es:
"Die Finanzministerkonferenz hat am 9. Mai 2014 vereinbart, zum 1. Januar 2015 die gesetzlichen Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige zu erhöhen und die Zahlungsverpflichtungen für das Absehen von Strafe bei der Erstattung einer Selbstanzeige zu verschärfen. Zur Umsetzung dieser Ziele hat das Bundesministerium der Finanzen am 27. August 2014 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (nachfolgend: AO-E) und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO-E) vorgelegt.
Ausweislich der dortigen Ausführungen sind im Wesentlichen folgende Regelungsbereiche betroffen:
- die steuerliche Anlaufhemmung für nicht deklarierte ausländische Kapitalerträge (§ 170 Abs. 6 AO-E),
- die Anpassung und Erweiterung der Sperrgründe bei der strafbefreienden Selbstanzeige durch die Aufnahme der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung an den Begünstigten (§ 371 Abs. 2 Nummer 1 Buchstabe a AO-E), durch die Aufnahme der Umsatzsteuer- und Lohnsteuer-Nachschau (§ 371 Abs. 2 Nummer 1 Buchstabe d AO-E), durch die Absenkung der Betragsgrenze auf € 25.000 (§ 371 Abs. 2 Nummer 3 AO-E), durch die Aufnahme der Regelbeispiele des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nummer 2 bis 5 AO-E (§ 371 Abs. 2 Nummer 4 AO-E),
- die gesetzliche Klarstellung zur Beseitigung bestehender praktischer Verwerfungen im Bereich der Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Lohnsteueranmeldung (§ 371 Abs. 2a AO-E),
- die Zahlung der Hinterziehungszinsen als Tatbestandsvoraussetzung für eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 Abs. 3 AO-E),
- die Ausdehnung der Strafverfolgungsverjährung auf zehn Jahre in allen Fällen der Steuerhinterziehung (§ 376 Abs. 1 AO-E),
- die Staffelung des Zuschlags in § 398a AO-E abhängig vom Hinterziehungsvolumen (§ 398a AO-E) und
- einige redaktionelle Anpassungen (§ 164 Abs. 4, § 374 Abs. 4 und § 378 Abs. 3 AO-E).
Die seitens des DAV in dieser Stellungnahme thematisierten Schwerpunkte liegen in folgenden Bereichen:
- Verlängerung der Anlaufhemmung auf bis zu zehn Jahre und Übergangsregelung,
- Verlängerung der Strafverfolgungsverjährung auf zehn Jahre; fehlende Anwendungsregelung,
- Erweiterung der Sperrgründe gemäß § 371 AO-E,
- Erweiterungen und Verschärfung des Strafzuschlags gemäß § 398a AO-E.
A. Vorbemerkungen
Bereits durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz vom 28. April 2011 (BGBl I Seite 676) hat der Gesetzgeber die Regelungen für eine Selbstanzeige, deren Ziel die strafbefreiende Wirkung bzw. das Absehen von einer Strafverfolgung ist, deutlich verschärft. So wurde insbesondere die „Teil-Selbstanzeige“ abgeschafft, die Sperrwirkungen erweitert und ein Strafzuschlag in Höhe von 5 % für hinterzogene Steuern ab € 50.000 eingeführt, dessen Zahlung nun Voraussetzung für das Absehen von der Strafverfolgung ist.
Diesbezüglich hatten ebenfalls die an dieser Stellungnahme beteiligten Ausschüsse Steuerrecht und Strafrecht des DAV im Februar 2011 eine Stellungnahme abgegeben (DAV-Stellungnahme Nr. 9/2011). Teile der dort bereits vorgetragenen und vom Gesetzgeber außer Acht gelassenen Kritikpunkte, insbesondere hinsichtlich des Strafzuschlags, kommen auch nun wieder zum Tragen. Daneben wirft der nun vorliegende Entwurf weitere Fragen auf. Im Ergebnis überzieht der Referentenentwurf deutlich die Anforderungen an eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige. Man gewinnt den Eindruck, der Gesetzgeber möchte sie durch ein Bündel neuer, in der Praxis kaum zu erfüllender Voraussetzungen auf ein Mindestmaß einschränken und somit faktisch abschaffen.
B. Einzelne Kritikpunkte
I. Mittelfristige Mehreinnahmen der Länderhaushalte von € 15 Mio. p.a.
Der Strafzuschlag soll nach der Begründung des Referentenentwurfs zu Mehreinnahmen der Länderhaushalte in Höhe von € 15 Mio. jährlich führen. Hier stellt sich die Frage, auf welcher Basis diese Mehreinnahmen geschätzt sind. Grundlage können nach Auffassung des DAV nicht die letzten Jahre sein, in denen eine Vielzahl von Selbstanzeigen für bislang nicht erklärte Einkünfte aus Kapitalanlagen im Ausland abgegeben wurden. Viele ausländische Banken haben in den letzten Jahren massiv ihre Kunden zu einer Selbstanzeige aufgefordert mit der Konsequenz, dass diese Bankverbindungen nunmehr dem Fiskus gegenüber offengelegt sind, andernfalls die Bank die Kundenbeziehung beendet hat oder kurzfristig beenden wird. Es ist daher davon auszugehen, dass die Zahl der Nacherklärungen von ausländischen Bankverbindungen ab 2015 erheblich zurückgehen wird. Gerade vor diesem Hintergrund ist unverständlich, warum sich der Fokus des Referentenentwurfs nahezu ausschließlich auf den hinterziehenden Auslandsanleger richtet. Diese unzulässige Verengung des Blickwinkels und der Argumentation führen dazu, dass „normale“ Selbstanzeigefälle, wie z.B. Selbstanzeigen in Unternehmen, schon aufgrund der aktuellen Anforderungen, aber erst recht nach den im Referentenentwurf nur formulierten Wirksamkeitshürden, letztlich nicht mehr wirksam abgegeben werden können.
II. Verlängerung der Anlaufhemmung auf bis zu zehn Jahre und Übergangsregelung
Im Gesetzesentwurf ist in § 170 Abs. 6 AO-E vorgesehen, dass für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die
1. aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2. nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
3. die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Kenntnis der Finanzbehörde über die Kapitalerträge bzw. spätestens zehn Jahre nach Steuerentstehung beginnt.
Sofern die Kapitalerträge aus einer derartigen Quelle stammen, kann die Verjährung zwanzig Jahre und unter Berücksichtigung von Ablaufhemmungen auch noch mehr Jahre betragen. Eine solche Regelung ist nicht praktikabel und steht auch im Widerspruch zu der Begründung der Verlängerung der Strafverfolgung auf zehn Jahre (s.u.), wo dergestalt argumentiert wird, dass dem zeitlichen Aufwand für Schätzungen zu begegnen ist. Dieser ist jedoch bei einer (mehr als) zwanzig Jahre zurückliegenden Steuerfestsetzung deutlich größer, da die Sachverhalte wesentlich komplexer und schwieriger nachzuvollziehen sind. Ferner ist zu beachten, dass tatbestandlich auch Unternehmensbeziehungen, beispielsweise gewährte Darlehen, erfasst sein können, die ebenfalls der verlängerten Anlaufhemmung unterfielen. Der DAV rät, von einer solchen Verlängerung der Festsetzungsverjährung Abstand zu nehmen, da sie in der Praxis nicht sachgerecht umzusetzen ist.
Ferner bringt die Norm Auslegungs- und Verständnisschwierigkeiten mit sich. Während nach § 170 Abs. 6 Nr. 2 AO-E im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs übermittelte Kapitalerträge nicht erfasst sind, ist der Anwendungsbereich des § 170 Abs. 6 Nr. 1 AO-E hinsichtlich der Formulierung „aus Staaten oder Territorien stammen“ unklar. Hier sind auf den ersten Blick drei verschiedene Konstellationen denkbar. Zum einen kann das Investment, aus dem die Kapitalerträge zufließen, einem dritten Staat (im Verständnis des § 170 Abs. 6 Nr. 1 AO-E alle Staaten, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind) steuerlich dergestalt zuzuordnen sein, dass beispielsweise die Dividenden ausschüttende Kapitalgesellschaft in einem solchen dritten Staat sitzt. Zum anderen kann die konto- bzw. depotführende Bank ihren Sitz in einem dritten Staat haben. Und letztlich besteht die Möglichkeit, dass eine Gesellschaft, die lediglich das ausländische Vermögen ummanteln soll, wie dies häufig mit Off-Shore-Gesellschaften praktiziert wurde, in einem dritten Staat sitzt.
Auch stellt sich die Frage, ob die Regelungen nur für Kapitalerträge gelten sollen oder auch private Veräußerungsgeschäfte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. bis zum 31. Dezember 2008 (sog. Spekulationseinkünfte) zu erfassen sind.
Hier wäre es für den Fall, dass der Gesetzgeber tatsächlich die Anlaufhemmung entsprechend verlängern würde, wünschenswert, wenn der Gesetzgeber durch eindeutige Formulierungen Klarheit schafft, welche Konstellationen er erfassen will.
III. Verlängerung der Strafverfolgungsverjährung auf zehn Jahre; fehlende Anwendungsregelung
In § 376 Abs. 1 AO-E soll künftig bereits bei einfacher Steuerhinterziehung die Strafverfolgungsverjährung nicht mehr fünf, sondern zehn Jahre betragen.
Als Grund wird angeführt, dass die Finanzverwaltung bislang angeblich die Besteuerungsgrundlagen der strafrechtlich verjährten Veranlagungszeiträume schätzen musste, da der Steuerpflichtige für eine wirksame Selbstanzeige zu den Altjahren keine Angaben machen musste. Nach Auffassung des DAV stützt sich die Begründung auf unzutreffende Tatsachengrundlagen, auch erfüllt die Verlängerung der Strafverfolgungsverjährung nicht das ausgegebene Ziel. So besteht bei bereits strafrechtlich, jedoch noch nicht verfahrensrechtlich verjährten Veranlagungsjahren die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen gemäß § 90 AO, in dessen Abs. 2 für Auslandssachverhalte erhöhte Anforderungen an die Mitwirkungspflichten gestellt werden. Die praktische Erfahrung zeigt, dass im Rahmen von Selbstanzeigen der Steuerpflichtige bereit ist, auch verfahrensrechtlich noch nicht verjährte Jahre vollständig nachzuerklären, so dass eine Schätzung hier einen Ausnahmefall darstellt. Hingegen kann eine Schätzung erforderlich sein, sofern die ausländischen Banken aufgrund ihrer teilweise nur sieben Jahre betragenden Aufbewahrungsfristen keine Unterlagen zur Verfügung stellen können und der Steuerpflichtige selbst diese Unterlagen auch nicht bei sich vorliegen hat. In solchen Fällen wird auch künftig eine Schätzung erforderlich sein. Darüber hinaus dürfte sich der Erfüllungsaufwand der Finanzverwaltung bei einer Veranlagung auf Basis ausgewerteter Bankunterlagen im Vergleich zur Schätzung nicht reduzieren, da selbst das stichprobenhafte Prüfen der
Richtigkeit und Vollständigkeit der Bankunterlagen zeitintensiv ist und im Zweifel mehr Zeit beansprucht als eine Schätzung.
Eine separate Übergangsfrist hinsichtlich der Verlängerung der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung wie bei der Verlängerung der Anlaufhemmung sieht der Referentenentwurf nicht vor. Eine solche klare Anwendungsvorschrift dergestalt, dass § 376 Abs. 1 AO-E für alle am 1. Januar 2015 noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen gilt, wäre im Sinne der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit wünschenswert. Andernfalls könnte aus der bestehenden Übergangsvorschrift zur Festsetzungsverjährung (Art. 97 § 10 Abs. 13 EGAO-E) und auch daraus, dass bei Einführung der zehnjährigen Strafverfolgungsverjährung durch das Jahressteuergesetz 2009 eine entsprechende Regelung seitens des Gesetzgebers aufgenommen wurde (Art. 11 Nr. 3 JStG 2009), der falsche Rückschluss gezogen werden, dass aufgrund des Fehlens einer solchen Vorschrift am 1. Januar 2015 aufgrund der fünfjährigen Verjährung verfolgungsverjährte Taten doch als nicht verjährt gelten, wenn aufgrund der neuen zehnjährigen Verjährungsfrist noch keine Verjährung eingetreten wäre. Dies würde jedoch dem Grundsatz widersprechen, dass einmal verjährte Straftaten verjährt bleiben, und eine echte Rückwirkung und damit einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG darstellen.
Auf die am 1. Januar 2015 noch nicht verjährten Steuerhinterziehungen findet die Strafverfolgungsverjährungsverlängerung Anwendung, so dass sich schrittweise die Strafverfolgungsverjährung für einfache Steuerhinterziehungen auf zehn Jahre verlängert. Das gesetzgeberische Ziel der zehnjährigen Strafverfolgungsverjährung wird mithin erst im Laufe der nächsten fünf Jahre sukzessive erreicht.
IV. Erweiterung der Sperrgründe gemäß § 371 AO-E
Während die Änderung des § 371 AO in seiner bisherigen Fassung durch die Erweiterung des Sperrgrundes in § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a) AO-E mit der vorliegenden Begründung nachvollziehbar ist, wobei die Formulierung „seinem Vertreter“ bzw. „dessen Vertreter“ vereinheitlicht werden sollte, hat die Erweiterung des Sperrgrundes auf Hinterziehungen bereits ab € 25.000 statt bisher € 50.000 pro Tat (§ 371 Abs. 2 Nr. 3 AO-E) bzw. bei besonders schweren Fällen gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2 bis 5 AO (§ 371 Abs. 2 Nr. 4 AO-E) weitreichende Konsequenzen. In diesen Fällen können keine strafbefreienden Selbstanzeigen mehr abgegeben werden. Es besteht nur noch die Möglichkeit, durch Zahlung von Geldbeträgen ein Absehen von der Strafverfolgung herbeizuführen, was beispielsweise bereits bei der Fälschung von Bewirtungsbelegen erforderlich werden kann.
Die Regelung des § 371 Abs. 2a AO-E ist zu begrüßen, da hierdurch sichergestellt wird, dass bei korrekturanfälligen Umsatzsteuervor- und Lohnsteueranmeldungen kein Sperrgrund verwirklicht wird, da hier Teilselbstanzeigen zulässig sind, die auch nicht dem Strafzuschlag des § 398a AO-E unterliegen.
Warum die Zahlung der Hinterziehungszinsen Voraussetzung für den Eintritt der Straffreiheit sein soll, lässt sich nicht erschließen. In der Praxis sind die Fälle äußerst selten, in denen die Hinterziehungszinsen bzw. die auf die Hinterziehungszinsen anzurechnenden Nachzahlungszinsen nicht gezahlt werden. Sollte dies der Fall sein, liegt der Grund in der fehlenden Zahlungsmöglichkeit des Steuerschuldners, da ihm die entsprechenden Mittel nicht zur Verfügung stehen. Auch ist es dem Fiskus bereits jetzt möglich, in das Vermögen des Steuerpflichtigen zu vollstrecken. Praktisch besonders relevant ist die Höhe der Hinterziehungszinsen im Verhältnis zur normalen Steuerschuld bei der Schenkungsteuer. Bei Schenkungssteuerhinterziehungen beginnt die Festsetzungsverjährung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker verstorben ist, bzw. die Finanzverwaltung Kenntnis von der vollzogenen Schenkung erlangt hat. Erst ab diesem Zeitpunkt läuft die zehnjährige Festsetzungsfrist. Für Mitte der siebziger Jahre hinterzogene Schenkungen sind allein die Zinsen doppelt so hoch wie die nachzuzahlende Steuer. Derartige Fälle stehen oftmals im Zusammenhang mit dem Erbfall eines Ehegatten in den siebziger Jahren und einer anschließenden Schenkung des Vermögens durch den überlebenden Ehegatten an Kinder. Dies könnte dazu führen, dass Steuerpflichtige von einer Selbstanzeige Abstand nehmen, da bei ihnen die strafbefreiende Wirkung verwehrt bliebe.
V. Erweiterungen und Verschärfung des Strafzuschlags gemäß § 398a AO-E
Weiterhin ungeklärt ist im Zusammenhang mit § 398a AO in der derzeitigen und in der Entwurfsfassung die Frage, wie der Strafzuschlag rechtlich zu qualifizieren ist (vgl. bereits Stellungnahme des DAV aus Februar 2011 zum Entwurf des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes i.d.F. vom 14. Dezember 2010; ausführlich Joecks, SAM 2012, 128, 129) und ob bei diesem Eingriff in Art. 14 GG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit das Übermaßverbot eingehalten ist. Zu beachten ist, dass gerade in der Zukunft der Anwendungsbereich weniger den dann steuerehrlichen Auslandsanleger als vielmehr den Unternehmer, der im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit steuerliche Fehler erkennt, betreffen wird. Diesen hat der Gesetzgeber aber offensichtlich gar nicht im Fokus.
Der DAV hält es darum für erforderlich, § 398a AO-E zu konkretisieren. Die Anwendung des derzeitigen § 398a Nr. 1 AO bringt in der Praxis Unklarheiten mit sich. So heißt es – auch im Referentenentwurf unverändert –, dass Straffreiheit nur eintritt, wenn „der Täter innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist […] die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern […] entrichtet und einen Geldbetrag […] zugunsten der Staatskasse zahlt“. Nach Auffassung des DAV sollte mit der Vorschrift erreicht werden, dass dem Fiskus einmalig der Strafzuschlag zukommen soll, und zwar grundsätzlich von dem Täter, zu dessen Gunsten die Steuern hinterzogen waren, bzw. von den gesetzlichen Vertretern, bei mehreren gesetzlichen Vertretern jeweils anteilig. Sofern der Täter den Strafzuschlag entrichtet, muss nach bisherigem und aktuellem Wortlaut des Gesetzes Straffreiheit eintreten. Teilweise besteht jedoch das Verständnis, dass hier ein verfahrensrechtlicher Täterbegriff vorliege und mithin jeder Täter und jeder Teilnehmer den Strafzuschlag in vollem Umfang entrichten müsse (vgl. Jäger in Klein, AO, 2014, § 398a, Rn. 53). Beispielhaft erwähnt seien einfache Angestellte in einem Unternehmen, die beim Ausdruck gefälschter Dokumente behilflich sind. Ihnen wird bei Fehlen der finanziellen Mittel zur Zahlung des Strafzuschlags tatsächlich die Möglichkeit genommen, dass von der Verfolgung der Steuerstraftat abgesehen wird, während Geschäftsführer und besser verdienende leitende Angestellte, die den Strafzuschlage aufgrund ihrer finanziellen Situation entrichten können, nicht verfolgt werden. Der Teilnehmer einer Steuerhinterziehung sollte mithin unzweideutig nicht in den Anwendungsbereich der §§ 371 Abs. 2 Nr. 3 und 4, 398a AO-E fallen.
Die im Zusammenhang mit dem gestaffelten Strafzuschlag aufgeführten Beispiele in der Begründung des Referentenentwurfs sind zumindest missverständlich. Aufgrund der Formulierung Hinterziehung für zehn Jahre lassen die aufgeführten Beträge auf über zehn Jahre kumulierte Hinterziehungsbeträge schließen, obwohl § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO-E ebenso wie bereits § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO von einem Betrag von € 25.000 [bzw. € 50.000] je Tat spricht. Dabei ist jede unrichtige bzw. unterlassene Abgabe einer Einkommensteuererklärung eine Tat, so dass über zehn Veranlagungsjahre hinweg zehn selbständige Taten vorliegen. Aus diesem Grund können die im Referentenentwurf aufgeführten Beispiele nur die Hinterziehung von € 40.000 (€ 150.000, € 720.000) Einkommensteuer (ohne Solidaritätszuschlag) des zehn Jahre zurückliegenden Veranlagungsjahrs betreffen, so dass die Formulierung Hinterziehung vor zehn Jahren lauten sollte.
Die Begründung des Referentenentwurfs zum Kompensationsverbot (§ 398a Abs. 2 AO-E i.V.m. § 370 Abs. 4 Satz 3 AO) ist ebenfalls missverständlich, da unstreitig in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehende verschwiegene steuererhöhende Umstände und verschwiegene steuermindernde Umstände eben nicht unter das Kompensationsverbot fallen (BGH, Urteil vom 5. Februar 2004, 5 StR 420/03, NStZ 2004, 579, Leitsatz). Dies gilt beispielsweise für nicht angemeldete Vorsteuer für erworbene Waren, bei deren Verkauf keine Umsatzsteuer abgeführt wurde, ferner für anrechenbare EU-Quellensteuer bzw. Kapitalertragsteuer bei nicht erklärten Kapitaleinkünften. Auch hier ist eine ausdrückliche Klarstellung wünschenswert.
Der nun in den Entwurf des § 398a AO neu aufgenommene Abs. 3 führt expressis verbis dazu, dass bei unvollständiger Selbstanzeige kein Strafklageverbrauch eintritt. Dass diese Ergänzung nach Auffassung des Gesetzgebers konstitutive und keine deklaratorische Wirkung entfaltet, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung. Damit sei der Rückschluss erlaubt, dass die Anwendung des § 398a AO in seiner jetzigen Fassung zum Strafklageverbrauch führt. Es stellt sich die Frage, ob die Wirkung des § 398a AO-E tatsächlich weiterhin nicht zum Strafklageverbrauch führen sollte, während die dem § 398a AO ähnelnde Vorschrift des § 153a StPO bei Vergehen einen solchen Strafklageverbrauch bewirkt. Erfüllt der Beschuldigte die ihm im Rahmen des § 153a StPO auferlegten Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden (§ 153a Abs. 1 Satz 5 StPO). Auch Steuerhinterziehungen in einem besonders schweren Fall sind Vergehen und keine Verbrechen, so dass hier die Frage nach einer Anpassung im Raume steht.
Begrüßt wird, dass § 398a Abs. 4 Satz 2 AO-E in Anlehnung an § 56f Abs. 3 StGB aufgenommen werden soll, dass das Gericht den geleisteten Strafzuschlag bei der Verhängung einer späteren Geldstrafe anrechnen kann. Die Anrechnung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts und ist vorzunehmen, wenn keine Gründe ausdrücklich entgegenstehen."